Tips und Tricks
Der Rahmenbauer
Rahmenbauer sind die Customer der Fahrradszene. Sie fertigen Fahrradrahmen und Komplettfahrräder nach Kundenwunsch und nach
Maß.Sollte ein Rahmen aus der Serie nicht die erforderlichen Maße haben wie z.B. die Kombination aus Rahmenhöhe zur Oberrohrlänge,
oder sind eigene Vorstellungen wie Rahmenmaterial, Rahmengeometrie und Anlötteile gewünscht, lohnt sich ein Besuch beim Rahmenbauer.
Seit dem Alu-Boom der 90ger Jahre sind Fahrradrahmen aus Stahl schon seltener geworden, aber längst nicht vom Markt verschwunden.
Die meisten Custom-Rahmenbauer haben sich sogar diesem Werkstoff Stahl verschrieben. Stahl besitzt hohe Zugfestigkeiten, gilt als
Dauerschwingfest, ist reparabel und bei hochwertiger Rohrsorte mit dem Gewicht eines Alurahmen ebenbürtig. Aber auch Alurahmen
werden von einigen Customern nach Kundenmaß gefertigt. Die anfänglichen Probleme bei Alurahmen in früheren Zeiten sind längst
vorbei. Die heutigen Alulegierungen besitzen hohe Festigkeiten, können problemlos geschweißt werden und sind für den Fahrradrahmenbau
absolut geeignet.
Bei Stahlrahmen unterscheidet man zwischen gemuffte und ungemuffte Rahmen. Bei den gemufften Rahmen werden die Rahmenrohre
in Muffen gefügt und verlötet. Das Lot verläuft dabei zwischen Rahmenrohr und Muffe. Bei den ungemufften Rahmen sind die Rohre
„stumpf“ gegeneinander gelötet. Diese Fügetechnik nennt man Auftragslöten b.z.w. fillet brazed. Stumpf gefügte Rahmen werden gelötet
oder WIG-geschweißt, wobei gemuffte Rahmen nur gelötet werden. Bei Alurahmen kommt ausschließlich das WIG-schweiß-Verfahren
zum Einsatz. Der Vorteil bei stumpf gefügten Rahmen, es kann die Winkelstellung und somit die Rahmengeometrie frei gewählt werden.
Anders bei gemufften Rahmen, hier ist man durch die Winkel der Muffen fest gebunden. Das Löten gilt als das Materialschonendere
Verfahren als das WIG-schweißen. Beim Löten wird das Rohrmaterial auf max. 850 Grad erhitzt (dunkelrot glühend), je nach Lotmatrial
(gelötet wird mit Messing.- und mit Silberlot) auch mit weniger Temperatur. Das Werkstück wird dadurch nur wenig geschwächt. Beim
WIG-schweißen hingegen wir das Werkstück auf Schmelztemperatur gebracht. Dadurch kann mehr Festigkeit verloren gehen. Gut gezogene
(fein geperlte) WIG-Schweißnähte sind aber ebenso ein Qualitätssiegel. Schaut man sich die feinschuppig geperlten Schweißnähte ohne
sichtbare Ansätze an, hat der Meister alles richtig gemacht. Auch ein WIG-geschweißter Stahlrahmen stellt ebenso einen hohen Qualitäts-
standard dar. Sollte Ihnen Ihr ausgewählter Rahmenbauer Ihren Wunschrahmen im WIG-Schweißverfahren anbieten, tun Sie es ruhig.
Sie erwerben einen belastbaren Rahmen für viele Jahre.
Gelötete Rahmen (vor allem bei fillet breazed) müssen nach dem Löten aufwendig verputzt werden. Dieser zusätzliche Zeitaufwand macht
den Rahmen meistens teurer. Bei WIG-geschweißte Rahmen entfällt dieser Vorgang. Ist ein Stahlrahmen denn nun schwerer als ein Alurahmen?
Pauschal kann man das nicht sagen. Das kommt auf das Rohrmaterial an. Wer für sein Wunschfahrrad zu einem Rahmenbauer geht, stellt
in den meisten Fällen auch höhere individuelle Ansprüche. Von daher haben sich alle Rahmenbauer auf Qualitätsrohsätze verschrieben.
Hier kommen verschiedene Rohrlieferanten ins Spiel. Einer der renommiertesten dieser Branche ist wohl die italienische Rohrschmiede
Columbus. Die Mailänder liefert nicht nur Rahmenrohre mit hohen Festigkeitswerten und hoher Elastizität, sondern u.a. auch Rohre im
Oversizebereich mit dünnen Wandstärken. Aber auch weitere wie Mannesmann, Poppe & Potthoff, Vitus und Reynolds liefern Rohrsätze
in Crom-Molybdän-Stahl von genauso hoher Qualität.
Ob ein Stahlrahmen nun dem Gewicht eines Alurahmen entspricht, hängt genau von diesen Rohrsätzen ab. Hier spielen die Wandstärken
die entscheidende Rolle. Sind die Rahmenrohre aus Stahllegierungen von hoher Festigkeit, können somit die Wandstärken reduziert werden.
Das macht den Rahmen leichter Hier sind Wandstärken von 0,6mm oder gar 0,4 mm möglich. Die dünneren Wandstärken sind dabei auf
den mittleren Teil der Rohre bezogen. An den Enden, also dort wo die Rohregefügt werden, sind diese Wandungen etwas dicker. Diese
Rohre nennt man „verjüngt“ oder „innen- konifiziert". Diese Verjüngung erfolgt in mehreren Schritten von Wandstärke zu Wandstärke. Somit
gibt es zweifach.- und dreifach konifizierte Rahmenrohre. Die Wandstärkenreduzierung erfolgt nicht abrupt, sondern in glatten Übergängen.
Stahlrohre mit durchgehender Wandstärke von einem Millimeter oder gar mehr sind nur noch bei industriell gefertigten Stahlrahmen der
unteren Preisklasse zu finden. Der Custom-Rahmenbauer verwendet diese Rohre i.d.R. nicht. Spezifisches Gewicht der Werkstoffe pro
Kubikdezimeter/1 Liter (ca) Stahl: 7,85 Kg - Titan: 4,5 kg - Aluminium: 2,7 kg - Carbon (Kohlefaser): 1,8 kg
Der Stahlrahmen
Der Stahlrahmen
Das Jahr 1984 liegt mir noch gut in Erinnerung. Ich war noch in der Ausbildung und erwarb mein erstes Rennrad. Ein Koga-Myata Superwinner, feinst gelöteter Stahlrahmen aus dünnwandigen Rohrsatz, Shimano new 600 EX-Ausstattung und ein Gewicht von ca. 10 Kg. Der Anschaffungspreis lag bei 1575 DM. Zu dieser Zeit eine Stange Geld für mich, aber ein reeller Gegenwert. Stahlrahmen waren zu dieser Zeit das Maß der Dinge, der große Alu-Boom kam erst in den 90ger Jahren. Viele Fahrradhersteller sind seit dieser Zeit auf diesen Zug aufgesprungen, aber eben nicht alle. Trotz moderner Materialien wie Aluminium und Carbon, hat der Stahlrahmen bis heute seine Berechtigung. Vor allem im Reiseradbereich ist Stahl ein beliebtes Rahmenmaterial. Stahl gilt als ausgereift, Dauerschwingfest, Zugfest, problemlos in der Fertigung und bei der Reparatur. Handelt es sich um eine hochwertige CroMo-Stahllegierung mit hohen Festigkeitswerten, können die Wandstärken der Rahmenrohre gering gehalten werden. Das Ergebnis ist ein hochwertiger Stahlrahmen der auf dem Gewichtsniveau eines Alurahmen liegt. Somit ist ein Stahlrahmen nicht zwangsläufig schwerer als ein solcher aus Aluminium. Stahl hat in den letzten Jahren eine kleine Renaissance erlebt. Viele Fahrradhersteller haben den Stahlrahmen wieder ins Programm genommen, einige wenige wiederum sind von vorn herein bei Stahl geblieben. Wohl aus guten Grund.